Manche Fluggäste befürchten, dass psychisch kranke Passagiere in einem Anfall während dem Flug eine Flugzeugtür öffnen könnten, was zu einer Katastrophe führen könnte. Zum einen verhindert das der Mechanismus der Tür, zum anderen herrscht ein Überdruck in der Kabine, welcher das Öffnen der Türen schier verunmöglicht. Wie sieht das aber in der Startphase aus, wo Innen und Aussen noch der gleiche Druck herrscht? Könnte in dieser Phase eine Flugzeugtür geöffnet werden?
An der Aussenseite eines Flugzeugrumpfes sind diverse Messinstrumente angebracht, welche Eigenschaften der vorbeiströmenden Luft messen, wie statischer Druck (Static-Port), Staudruck (Pitot-Tube), Temperatur und Anstellwinkel. Weil das Flugzeug die umgebende Luft verdrängt, stört seine Anwesenheit die Messung. Es ist daher eminent wichtig zu wissen, wie die Luftströmung und die daraus resultierende Druckverteilung am Flugzeugrumpf gestört wird.
Die Druckverteilung am Flugzeugrumpf hat Einfluss auf den zu messenden statischen Luftdruck ps und übt nicht unerhebliche Kräfte auf die Türen und Fenster aus. Eigentlich kann man nur den totalen Luftdruck pt messen, der die Summe aus statischem Druck ps und dynamischem Druck qc ist, welcher durch die Luftströmung hervorgerufen wird. Damit der korrekte statische Luftdruck genau gemessen werden kann, muss für den Drucksensor eine Stelle am Rumf gewählt werden, wo der dynamische Druck Null ist.
Es ist sehr kompliziert, die Strömungsverhältnisse auf der Aussenhaut eines Flugzeuges zu berechnen. Wie beim Auftriebsbeiwert CL werden daher Modelle ausgemessen und der resultierende Static Pressure Coefficient Cp in Form von Kurven aufgezeichnet. Cp ist wiefolgt definiert [1]:
(1) |
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wobei' |
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Wenn man also so eine Cp Kurve hat, kann man daraus den zu erwartenden totalen Luftdruck an jeder Stelle des Flugzeuges berechnen, indem man die obige Formel nach pt(x) auflöst:
(2) |
Wenn man die lokale Strömungsgeschwindigkeit v(x) an einer Stelle x des Rumpfes kennt und von inkomressibler Luft ausgeht (v(x) < Mach 0,3), kann man Cp(x) nach folgender Formel relativ einfach ausrechnen:
(3) |
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wobei' |
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Setzen wir so Cp(x) in (2) ein erhalten wir:
(4) | ||||||||||||||||
wobei' |
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Die Formel (4) sagt aus:
Auf Flugzeugtüren wirken zwei Druckkräfte:
Hier berechne ich nur die dynamischen Druckkräfte auf eine Flugzeugtür, um zu untersuchen, welche Kraft aufgewendet werden muss, um eine Tür während der Fahrt oder in niedriger Flughöhe öffnen zu können.
Die Strömung am Flugzeugrumpf ist sehr unterschiedlich und hängt auch stark von der Fluglage und Konfiguration (Slats, Flaps, Fahrwerk) ab. Nachfolgend siehst du eine Grafik, in der Cp(x) = Δp / qc entlang einer Centerline des Rumpfes aufgezeichnet ist:
An der Nase ist Cp = 1, d.h. an dieser Stelle wird der gleiche Druck wie im Pitot-Tube gemessen. Setze an der Spitze Cp(0) = 1 in (2) ein und du erhälst die Formel für den Staudruck:
(5) |
An einigen Stellen der Grafik ist der Cp Wert Null. An diesen Stellen misst man pt(x) = ps. An diesen Nullstellen muss man deshalb die Static-Ports platzieren, damit diese den korrekten statischen Luftdruck messen.
Auf dem Bild sieht man, dass an den Stellen der vorderen und mittleren Türen der Cp Wert negativ ist. Das heisst, an diesen Stellen entsteht, verglichen mit dem Druck in der Kabine, aussen ein Unterdruck durch die vorbeiströmende Luft. Ich habe leider keine Zahlenwerte gefunden, welche die korrekte Grössenordnung für Cp an diesen Stellen angibt. Aber Cp liegt irgendwo zwischen 0 und −0,5.
Ich habe eine Kurve für folgenden Körper als Anhaltspunkt für Berechnungen gefunden: [2]
Ich rechne jetzt mal mit einem Cp Wert von −0,1. Der Druckunterschied Δp zwischen Innen- und Aussenseite der Türe beträgt (Innendruck = ps):
(6) |
Und die Kraft ist dann:
(7) | |||||||||||||
wobei' |
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Ich nehme diesmal als Türfläche einfach A = 1 m2. Dann kann man die Werte für jede andere Fläche einfach entsprechend multiplizieren:
v [kt] | v [km/h] | v [m/s] | pdiff [N/m2] | F [N] | W [kg] |
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20 | 37,0 | 10,3 | 6,5 | 6,5 | 0,6 |
40 | 74,1 | 20,6 | 26 | 26 | 2,7 |
60 | 111,0 | 30,9 | 58 | 58 | 5,9 |
80 | 148,0 | 41,2 | 104 | 104 | 10,6 |
100 | 185,0 | 51,4 | 162 | 162 | 16,5 |
120 | 220,0 | 61,7 | 233 | 233 | 23,8 |
140 | 259,0 | 72,0 | 318 | 318 | 32,4 |
Hinweis: Die Tür eines Airbus A320-200 ist z.B. 1,85 m hoch und 0,99 m breit (1,83 m2) und 100 kg schwer. [3]
Hat die Tür eine Fläche von 1,83 m2 dann muss einfach F bzw. W mit 1,83 multipliziert werden, da F und W pro Quadratmeter gelten. Die Kräfte können durchaus beachtlich werden, z.B. in der Grössenordnung von einigen duzend kg ab 100 Knoten Geschwindigkeit - alleine durch die Luftströmung, ohne Berücksichtigung des Überdruckes in der Kabine!
W gibt an, wie viel Gewicht in kg die Kraft F entspricht: W = F / (9,81 m/s2).
Zum Vergleich: Der statische Luftdruck der Normalatmosphäre beträgt:
1,013 bar = 1013 hPa = 101 300 N/m2
Dieser Luftdruck bewirkt auf einer Fläche A = 1 m2 eine Kraft von 101 300 N. Dies enstpricht einem Gewicht von mehr als 10 t (Tonnen)! Die Luft drückt auf der Erdoberfläche auf jeden Quadratmeter mit 10 t Gewicht!
Ich habe zwar den Verriegelungsmechanismus einer Flugzeugtür jetzt nicht zu 100% im Kopf, aber das Argument mit dem Überdruck stimmt so nicht ganz, da ja die Türe nach außen geöffnet wird!
Die Türen werden zwar nach aussen geöffnet, die Türaufhängung und der Schliessmechanismus sind jedoch so konstruiert, dass die Tür umso besser schliesst, je grösser der Druckunterschied zwischen Innen und Aussen ist. Man spricht in diesem Zusammenhang von plug doors. Würde man im Flug versuchen die Tür zu öffnen, würde eher der Öffnungshebel brechen, als die Tür sich öffnen lassen.
Bei niedriger Flughöhe oder beim Rollen könnten die Türen eventuell geöffnet werden. In diesen Flugphasen sitzen aber immer die Flugbegleiter bei den Türen, um dies zu verhindern.
Selbst am Boden wird die Kabine leicht unter Überdruck gesetzt, sobald die Türen geschlossen werden. Dadurch ist ein Öffnen der Notausstiege praktisch nicht möglich. Vor einer Notfall-Evakuierung muss also vom Cockpit aus zuerst ein Druckausgleich eingeleitet werden.
Die Türen schwingen zwar nach aussen, werden aber zunächst nach innen gezogen. Grund ist der Türrahmen, der leicht schräg geformt ist, d.h. die lichte Breite ist an der Aussenseite etwas kleiner als innen. Dadurch wird die Türe durch den höheren Innendruck in den Rahmen gepresst und ist schon deswegen nicht zu öffen.