Einstein erkannte, dass aufgrund des Äquivalenzprinzips auch die Flugbahn von Photonen (Lichtteilchen) in einem Gravitationsfeld gekrümmt sein muss. Vor Einstein ist noch niemand auf die Idee gekommen, dass Raumzeitkrümmung einen Einfluss auf Licht und andere elektromagnetische Wellen haben könnte.
Auf dieser Seite geht es nur um eine qualitative Beschreibung der Lichtkrümmung, nicht um die genaue Berechnung. Es wird erklärt, wie die Lichtkrümmung zustande kommt und eine grobe Abschätzung gegeben, wie stark eine solche Krümmung ausfallen könnte.
Das Äquivalenzprinzip besagt: Die Gesetze der Physik in einem Gravitationsfeld sind dieselben wie in einem beschleunigten Bezugssystem in einem gravitationsfreien Raum.
Dies gilt nicht nur für Newtonsche Mechanik sondern für jedes physikalische Phänomen!
Um zu verstehen, wie Gravitation Licht krümmen kann, zieht man das Modell eines beschleunigten Bezugssystems heran, zum Beispiel ein Lift, der im gravitationsfreien Raum gleichförmig nach oben beschleunigt wird.
Der Lift soll zunächst in Ruhe sein. Im gleichen Moment, in dem der Lift mit der Beschleunigung g nach oben beschleunigt, wird von links nach recht ein Photon ausgesandt. Dieses Photon fliegt natürlich so gerade wie möglich zur rechten Seite des Liftes. Der Lift bewegt sich in dieser Zeit jedoch beschleunigt nach oben, sodass die Flugbahn des Photons im Bezugssystem des Liftes nach unten gekrümmt erscheint. Die Krümmung ist eine Parabel.
Der Grund, weshalb diese Krümmung in der Praxis niemandem auffällt ist, dass die Bewegung des Liftes bei Beschleunigungen um 1 g verglichen mit dem Weg, die das Licht in der Zeit zurücklegt, praktisch nicht messbar ist. Um die Lichtkrümmung messen zu können, braucht es grosse Strecken und starke Gravitationsfelder, wie sie bei einer Sonne an der Oberfläche vorkommen.
Die Abwärtskomponente des Lichtstrahl entspricht gerade der Beschleunigung g des Liftes. Das Licht fällt also in einem Gravitationsfeld mit einer nach unten gerichteten Beschleunigung g.
Wie stark wird ein Lichtstrahl abgelenkt, der nahe an der Sonne vorbei geht?
Für eine grobe Schätzung können wir Newtons nicht-relativistische Mechanik heranziehen. Zudem vereinfachen wir das Gravitationsfeld g. Es wirke homogen über die Strecke 2·R und sei ausserhalb dieses Bereiches ohne Einfluss. R ist der Radius der Sonne.
Die über den Bereich 2·R wirkende Gravitation g berechnen wir nach der Newton Formel:
(1) | ||||||||||
wobei' |
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Alles in diesem Bereich wird nach unten Beschleunigt, Licht ebenso wie alles Andere, und alles mit derselben Beschleunigung g.
Nachdem der Lichtstrahl die Sonne passiert hat, hat er eine vertikale Geschwindigkeits-Komponente v durch die Beschleunigung erhalten. Die Geschwindigkeit berechnet man aus der Beschleunigung g und der Zeit Δt, in der die Beschleunigung gewirkt hat:
(2) |
Die Zeit Δt ist abhängig von der Geschwindigkeit, in der das Licht die Strecke 2·R passiert. Licht hat im Vakuum immer Lichtgeschwingigkeit c:
(3) |
(1) und (3) in (2) eingesetzt ergibt:
(4) |
Die Ablenkung soll als Winkel θ ausgedrückt werden. Bei kleinen Winkeln ist θ das Verhältnis der vertikalen Geschwindigkeit v zur horizontalen Geschwindigkeit c:
(5) |
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Nicht-relativistische Schätzung | |||||||||||||||
wobei' |
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Dies ist typischerweise ein sehr kleiner Winkel (0,88 Bogensekunden) weil c im Nenner eine sehr grosse Zahl ist und erst noch im Quadrat steht und G im Zähler eine sehr kleine Zahl ist.
Zufälligerweise stimmt dieser Schätzwert exakt mit dem Wert überein, den man durch Berechnung der ganzen Flugbahn eines Photons im realen Schwerefeld der Sonne erhält, wobei wir aber ignorieren müssen, dass das Photon keine Masse und immer die Geschwindigkeit c hat.
Dies war die erste Schätzung, die Einstein machte. Die relativistische Berechnung nach der ART, in der die Ablenkung eine Folge der Raumzeitkrümmung ist, ergibt einen doppelt so grossen Ablenkwinkel θ.
(6) |
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Relativistische Berechnung |
Diese relativistische Berechnung wurde bis auf Bruchteile von Prozenten Genauigkeit durch Messungen vielfach bestätigt [4] [5].
Was passiert, wenn das Licht in einem Gravitationsfeld nach oben oder unten geschickt wird? Vom Gedankenexperiment mit einem beschleunigten Lift könnte man annehmen, dass der Lichtstrahl beschleunigt bzw. abgebremst würde. Licht bewegt sich jedoch in jedem Bezugssystem immer mit der Lichtgeschwindigkeit c. Also muss etwas anderes passieren.
Was wirklich passiert ist, dass sich die Wellenlänge des Lichtes verändert. Bei einem Lichtstrahl, der in Beschleunigungsrichtung (im Lift von unten nach oben) gesandt wird, der sich also entgegen dem Gravitationsfeld ausbreitet, wird die Wellenlänge grösser, weil sich der Detektor schneller vom Lichtstrahl wegbewegt, als der Sender vorher den Lichtimpuls mit einer bestimmten Wellenlänge ausgesandt hat. Mit Hilfe des Dopplereffektes kann dieser Effekt berechnet werden. Umgekehrt wird die Wellenlänge eines Lichtstrahls kürzer, wenn er sich in Richtung des Gravitationsfeldes oder entgegen der Beschleunigungsrichtung des Liftes bewegt.
Eine Verlängerung der Wellenlänge bedeutet Verlust von Energie. Die Energie eines Lichtquants ist proportional zur Frequenz des Lichtes also umgekehrt proportional zur Wellenlänge. Licht, das sich von einer Masse weg bewegt wird also nicht langsamer, sondern verliert Energie. Licht, das sich auf eine Masse hin bewegt, gewinnt Energie.