Die Berechnung des Auftriebs über mathematische Modelle eines Flügels ist extrem komplex. Die ganze Komplexität kann jedoch im Auftriebsbeiwert cL (engl: Lift Coefficient) zusammengefasst werden. Der Auftriebsbeiwert kann auch über Modelle im Windkanal ermittelt werden. Der Auftriebsbeiwert ist vom Anstellwinkel α (engl: Angle of Attack, AoA) und von der Konfiguration (Flaps, Spoiler) abhängig.
Bei bekanntem Auftriebsbeiwert cL kann der Auftrieb nach folgender Formel berechnet werden:
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wobei' |
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Diese Formel gilt für ideale Gase. Luft kann in bestimmten Grenzen als ideales Gas betrachtet werden.
Bei Rückenwind kann v negativ werden, wenn die Groundspeed kleiner als die Windgeschwindigkeit ist. Der Auftriebsbeiwert ist nur für positive Geschwindigkeiten definiert. Wenn der Flügel von hinten angeströmt wird, erzeugt er in Landekonfiguration sicherlich eher Abtrieb als Auftrieb. Ich rechne in diesem Fall einfach mit dem negativen cL Wert.
Auftriebsbeiwert und Luftdichte sind ihrerseits von diversen Parametern abhängig und werden im Folgenden berechnet:
Der Auftriebsbeiwert cL ist eine dimensionslose Zahl. Er ist abhängig vom Anstellwinkel, Stellung der Landeklappen und der Spoiler. Leider findet man im Internet kaum konkrete Daten zum Auftriebsbeiwert. Ich habe daher diesen Wert durch Messungen im MS-Flugsimulator ermittelt.
Durch Recherchen habe ich gefunden, dass der Auftriebsbeiwert im erlaubten Flugbereich bei praktisch allen Verkehrsflugzeugen durch eine Gerade angenähert werden kann:
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wobei' |
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Für einen A320 mit Flaps 0 habe ich im Web Werte im Bereich von cL = 0,4 bis 0,46 gefunden. Ich wähle die Mitte cL = 0,43 für einen typischen Anstellwinkel im Flug von 2,5 Grad. Damit erhalte ich die Werte der folgenden Tabelle. Zum Vergleich sind entsprechende Werte eines Jumbo-Jets und eines A330 aufgeführt:
Flugzeug | cLα | cL0 |
---|---|---|
A320 | 5,16 | 0,2 |
A330 | 6,3 | 0,3 |
Boeing 747 | 5,5 | 0,29 |
Durch Einsatz der Flaps wird die cL Kurve parallel angehoben. Laut Frank Tinapp liegt die Steigerung des maximal erreichbaren Auftriebsbeiwertes bei etwa 200 % bezogen auf das Grundprofil ohne Auftriebshilfen [1]. Dies kann ich durch Messen der entsprechenden Kurven am MS-Flugsimulator bei einem A330 bestätigen. Bei einem AoA von 10 Grad ist der cL Wert mit Flaps Full doppelt so gross wie ohne Flaps.
Ich steuere den Flaps-Anteil über die Variable FlapsExtend, welche einen Wert von 0 für Flaps Up und einen Wert von 1 für Flaps Full hat. Die Parallelverschiebung der cL Kurve erreiche ich durch einen entsprechenden Term (blau):
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wobei' |
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Flugzeug | cLβ |
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A320 | 1,12 |
A330 | 1,4 |
Werte von FlapsExtend β für verschiedene Flaps-Konfigurationen eines A330 (A320):
Flaps | up | 1 | 2 | 3 | full |
---|---|---|---|---|---|
β | 0,00 | 0,35 | 0,57 | 0,71 | 1,00 |
Durch Ausfahren der Spoiler ändert sich der Auftriebsbeiwert cL analog wie beim Ausfahren der Flaps, jedoch mit negativem Vorzeichen. Das heisst, der Auftriebsbeiwert wird durch Ausfahren der Spoiler verringert.
Dies ergibt folgende Formel für cL, wobei der Spoiler-Einfluss blau markiert ist:
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wobei' |
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Leider habe ich keine konkreten Werte für cLγ für einen A320 im Web finden können. Aus Angaben für eine Boeing 747 (siehe Tabelle) und Messungen im FS-Flugsimulator an einem A330 habe ich einen Wert für cLγ abgeschätzt.
Der Auftriebsbeiwert verringert sich also durch das Ausfahren der Spoiler von 0,86 auf 0,31, also cLγ = −0,55 für eine 747.
Einfluss der Spoiler bei einer Boeing 747 [2]:
Spoiler (Flaps Full) | cL |
---|---|
20 % | 0,75 |
40 % | 0,64 |
60 % | 0,53 |
80 % | 0,42 |
Beim A330 verringerte sich der Auftriebsbeiwert im Flug beim Ausfahren der Spoiler um ca. −0,1. Bei aktiviertem Autopilot werden 2 Spoiler um 25 Grad und einer um 12,5 Grad je Flügel ausgefahren. Beim Bremsen am Boden werden je 5 Spoiler um ca. 50 Grad (Gemessen auf Foto) ausgefahren. Dies ergibt eine geschätzte Auftriebsverminderung von cLγ = −0,36.
Fassen wir die Formeln für den Auftriebsbeiwert für verschiedene Konfigurationen zusammen, so gilt für einen A320:
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wobei' |
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Die Summe aller Kräfte an einem Flügel können zu einer einzigen Kraft addiert werden, welche im Auftriebszentrum (engl: Center of Lift, CL) angreift. Diese Kraft wird aus praktischen Gründen in eine Komponente senkrecht zur anströmenden Luft (Lift) und eine Komponente parallel dazu (Drag) aufgeteilt. Der CL-Punkt wandert in abhängigkeit der Geschwindigkeit und des Anstellwinkels.
Es ist nicht sehr praktisch, wenn man mit einem wandernden Punkt Berechnungen anstellen muss. Über einen Trick kann man einen beliebigen fixen Punkt auf dem Flügel wählen. Dieser wird aerodynamisches Zentrum (engl: Aerodynamic Center, AC) genannt. Wir ein solcher Fixpunkt gewählt, drückt sich das Wandern des CL in einem zusätzlichen Moment um den AC Punkt aus. Dieses Auftriebsmoment ML ist im Allgemeinen vom Anstellwinkel abhängig. Es gibt jedoch einen ausgezeichneten Punkt auf der Flügelsehne, bei dem das Momement nicht oder nur sehr wenig vom Anstellwinkel abhängig ist. Dieser Punkt wird in der Regel als aerodynamisches Zentrum AC gewählt.
Das Moment ist weiterhin von der Geschwindigkeit abhängig und kann nach der folgenden Formel berechnet werden:
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wobei' |
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Den Momentenbeiwert habe ich auf −0,5 gesetzt [3]
Da die verschiedenen Kräfte wie Gewichtskraft FS, Schub FJ, Luftwiderstand FD und Auftrieb FL nicht an ein und demselben Punkt am Flugzeug angreifen, entstehen Drehmomente, welche das Flugzeugs um die Querachse rotieren wollen. Mit dem trimmbaren Höhenleitwerk (engl: Trimmable Horizontal Stabilizer, THS) kann diese Tendenz ausgetrimmt werden. Der THS erzeugt eine Trimmkraft FT, welche das Drehmoment im stabilden Flug aufhebt.
Das Berechnen der Trimmkraft im Anflug und beim Flare ist ziemlich kompliziert. Die Trimmkraft hat aber nur einen unbedeutenden Einfluss auf den Bremsweg. Daher vereinfache ich die Berechnungen wiefolgt:
Im stabilen Flug ist die Summe aller Kräfte in Z-Richtung gleich Null:
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Die Summe der Momente ist ebenfalls Null. Daraus lässt sich die Trimmkraft berechnen:
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Wenn ich FL von (7) in (8) einsetze erhalte ich:
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Dies kann ich nach FT auflösen:
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Diese Trimmkraft FT,app gilt nur im Anflug vor dem Aufsetzen. Am Boden ändert sich die Geschwindigkeit und damit die Trimmkraft. Diese berechne ich, indem ich aus der Trimmkraft FT,app über die Auftriebsformel einen Trimmfaktor kT,app berechne:
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Die unveränderlichen Werte ρ, cT und AT fasse ich zum Trimfaktor kT zusammen:
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Damit Lautet die Auftriebsformel für den THS:
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Der Trimmfaktor vor der Landung kT,app berechnet sich damit:
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Und die Trimmkraft am Boden bei beliebiger Geschwindigkeit:
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wobei' |
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Die Trimmung wird während dem Bremsen vom Flugzeug automatisch in Richtung Neutralstellung gebracht. In der Brems-Simulation wird dies ebenfalls simuliert, indem beim Triggern der Spoiler der Trimmfaktor kT in 5 Sekunden in einem linearen Verlauf auf Null gefahren wird.
Für die Berechnung des Auftriebs FL und des Luftwiderstandes FD brauchen wir die Luftdichte. Die Luftdichte ρ (rho) ist Abhängig von der Temperatur T und dem Luftdruck p. Luftdruck und Temperatur sind zudem abhängig von der Höhe über Meer h und vom Wetter (Luftfeuchtigkeit usw.).
In der Luftfahrt kann man den Luftdruck als QNH vom Tower oder Wetterdienst (ATIS) für eine bestimmte Gegend oder den Zielflugplatz abfragen. QNH gibt den Wetter-bedingten Luftdruck an, wie er am gefragten Ort herrschen würde, wenn der Ort auf Meereshöhe läge. Dieser Wert wird am Höhenmesser im Cockpit eingestellt. Der Höhenmesser misst eigentlich den aktuellen Luftdruck in der Umgebung des Flugzeugs. Ein mittels QNH geeichter Höhenmesser zeigt aber die Höhe des Flugzeugs über Meer an.
Wir kennen also den QNH (Luftdruck auf Meereshöhe), unsere Höhe h über Meer und die Temperatur T. Aus diesen Werten und einigen Naturkonstanten lässt sich die Luftdichte ρ berechnen:
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wobei' |
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Im Allgemeinen ist die Temperatur nicht konstant, sondern variiert mit der Höhe. Der einfachste Ansatz zur Berücksichtigung einer solchen Veränderlichkeit geht von einer linearen Abnahme mit der Höhe aus. Für die Temperatur T(h) gilt also:
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Der Temperaturgradient a gibt also an, um wie viele Kelvin die Lufttemperatur pro Meter Höhenunterschied abnimmt. Dieser Wert stimmt nur näherungsweise bis in eine Höhe von ca. 11 km, was für unsere Zwecke reicht. Aus obiger Formel können wir nun T0 berechnen, wenn unsere Höhe über Meer h und die aktuelle Temperatur T bekannt ist:
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Die Luftdichte auf Meereshöhe ρ0 können wir nach dem idealen Gasgesetz wiefolgt berechnen:
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wobei' |
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Damit haben wir alle Werte für die Berechnung der aktuellen Luftdichte beisammen, wenn wir QNH, unsere Höhe über Meer und die aktuelle Temperatur T kennen.