Anders als ein Autofahrer muss ein Pilot mehr als eine Geschwindigkeit kennen und beachten. Diese Geschwindigkeiten werden auf unterschiedliche Arten ermittelt und haben in den verschiedenen Flugphasen eine essenzielle Bedeutung. In heutigen Flugzeugen werden die gemessenen Werte von Computern umgerechnet und angezeigt. In Flugzeugen ohne Computer mussten diese Berechnungen anhand von Tabellen und Charts wie dem Compressibility Correction Chart von Hand erledigt werden.
Einen Online-Rechner findest du auf der Seite Rechner: Umrechnen von Fluggeschwindigkeiten.
Ein Compressibility Correction Chart wird für die Umrechnung von Calibrated Airspeed (CAS) in Equivalent Airspeed (EAS) verwendet [1]. CAS ist die Fluggeschwindigkeit, die aus Messdaten von Drucksonden gewonnen wird. Diese Geschwindigkeit kann nicht direkt zur Navigation verwendet werden, da sie nicht mit der True Airspeed (TAS), der Geschwindigkeit bezüglich der umgebenden Luft, übereinstimmt. Die TAS kann aber aus der CAS berechnet werden. Bei der manuellen Berechnung geschieht dies in zwei Schritten:
Die durch Messen des dynamischen Drucks qc gewonnene CAS ist bei Geschwindigkeiten oberhalb Mach 0,3 und in höheren Flughöhen als Meereshöhe aufgrund der Kompressibilität der Luft etwas zu hoch verglichen mit der Equivalent Airspeed EAS, die man in einem idealen inkompressiblen Gas erhalten würde. Diese Abweichung wird im Compressibility Correction Chart grafisch dargestellt.
Das folgende Compressibility Correction Chart kann auf alle Flugzeuge angewandt werden, die langsamer als Schallgeschwindigkeit fliegen. Dies sind insbesondere alle Verkehrsflugzeuge, ausser der Concorde, welche nicht mehr im Einsatz ist. Der Korrekturwert Vc auf der vertikalen Achse hängt von der CAS auf der horizontalen Achse und der Flughöhe ab. Die EAS erhält man durch Addition des Vc Wertes zur CAS:
(1) |
Beachte, dass der Korrekturwert Vc negativ ist, d.h. die EAS ist immer niedriger als die CAS.
Anwendung: Wir fliegen auf einer Höhe von 30 000 ft (Fuss) mit einer Geschwindigkeit CAS = 300 kt (Knoten) Beispiel 1. Um nun die zugehörige Equivalent Airspeed (EAS) zu erhalten, sucht man im Chart auf der X-Achse die CAS von 300 kt. Dann fährt man der Y-Achse entlang nach oben, bis die 30 000 ft Kurve geschnitten wird. Nun fährt man nach links und liest den Korrekturwert ab, in unserem Beispiel −15 kt. Diesen Wert addiert man zur CAS und erhält damit die EAS:
Aus der Grafik kann man entnehmen, dass für Fluggeschwindigkeiten unterhalb 200 kt und Flughöhen unterhalb 10 000 ft Beispiel 2 die Korrektur Vc unbedeutend ist. Selbst bei einer Geschwindigkeit von CAS = 250 kt und einer Flughöhe von 20 000 ft Beispiel 3 würde die CAS nur 4,8 Knoten zu hoch angezeigt.
Die CAS ist aufgrund der Luftverdichtung durch das Flugzeug gegenüber der EAS immer zu hoch. Die Korrekturwerte Vc sind daher immer negativ. Das Chart ist nicht vom Flugzeugtyp abhängig sondern nur von Eigenschaften der Atmosphäre.
Die Abweichung zwischen EAS und CAS nimmt exponentiell mit der Geschwindigkeit zu. Die Abweichung zwischen EAS und CAS nimmt mit der Höhe zu.
Auf Sea Level (Meereshöhe) und Standardatmosphäre gilt per Definition: CAS = EAS = TAS. Die CAS wird entsprechend kalibriert, d.h. Kompressibilitätseffekte aufgrund der Geschwindigkeit werden für Flughöhe 0 ft bereits herausgerechnet.
Das Chart ist zwar für Geschwindigkeiten bis Mach 1 und Höhen bis 65 600 ft (20 km) gezeichnet. Bei Geschwindigkeiten oberhalb Mach 0,85 spielen weitere Einflüsse auf die CAS eine Rolle, die im Chart jedoch nicht berücksichtigt sind. Typische Geschwindigkeiten von Verkehrsflugzeugen liegen unterhalb Mach 0,85 und unterhalb 330 kt und Flughöhen unterhalb 40 000 ft.
Dem Chart liegt das Modell der Standardatmosphäre zugrunde.
Den mathematischen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Geschwindigkeiten zeigt die folgende Darstellung:
wobei' |
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Beachte: Im oberen Pfad TAS → qc → CAS wird mit den Bernoulli-Gleichungen für kompressible Fluide gerechnet. Daraus erhalten wir den realen dynamischen Druck qc. Für den unteren Pfad TAS → q → EAS wird mit vereinfachten Gleichungen für inkompressible Fluide gerechnet, welche nur für Geschwindigkeiten unterhalb Mach 0,3 annähernd denselben Wert wie CAS liefern.
Da die CAS auf Meereshöhe bei Standardatmosphäre so kalibriert wird, dass gerade TAS angezeigt wird, folgt, dass QCV, also die Umrechnung von qc zu CAS, gerade die Umkehrfunktion von VQC sein muss, jedoch für die Höhe h = 0. Analoges gilt für EAS.
Für die Berechnung des Chart brauchen wir Vc = EAS − CAS = f( CAS, h ). Praktischer ist jedoch eine parametrische Darstellung: x = CAS = f( TAS, h ) und y = EAS − CAS = f( TAS, h ). TAS können wir dann von 0 bis Mach 1 laufen lassen und die so berechneten XY-Koordinaten zu Kurven verbinden, jeweils für ein bestimmtes h.
Wir kommen somit mit 2 Grundformeln und deren Umkehrfunktionen aus:
Für das Chart ergeben sich somit folgende Formeln:
(2) |
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(3) |
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(4) |
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wobei' |
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Für inkompressible Gase gelten die einfachen Formeln:
(5) |
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wobei' |
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Und die Umkehrfunktion ist:
(6) |
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wobei' |
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Das Zusammensetzen der beiden obigen Gleichungen ergibt die folgende Gleichung für das Berechnen von EAS aus TAS:
(7) |
(8) |
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wobei' |
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Für kompressible Gase gilt [2]:
(9) |
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wobei' |
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Und die Umkehrfunktion ist:
(10) |
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wobei' |
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Das Zusammensetzen der beiden obigen Gleichungen ergibt die folgende Gleichung für das Berechnen von CAS aus TAS:
(11) |
(12) |
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mit |
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wobei' |
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In den Gasgleichungen werden die Luftdichte ρ und der statische Druck ps in der Flughöhe h benötigt. Diese werden mit Hilfe der erweiterten Barometrischen Höhenformeln berechnet. Diese Formeln bilden die Grundlage für die barometrische Höhenfunktion der Standardatmosphäre in der Luftfahrt [3]. Dabei wird die Atmosphäre in Teilschichten mit jeweils linear interpoliertem Temperaturverlauf unterteilt. Für die untersten 11 km der Troposphäre gilt der Temperaturgradient von α = −0,0065 K/m. Für höhere Schichten muss der Gradient angepasst werden.
Linearer Temperaturverlauf |
Isotherm (T = const.) | |||||||||||||||||||||||||||||||
(13) | ||||||||||||||||||||||||||||||||
(14) | ||||||||||||||||||||||||||||||||
mit | ||||||||||||||||||||||||||||||||
wobei' |
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Je nach Flughöhe h müssen die Werte αi, href, Tref, ρref und pref aus folgender Tabelle entnommen werden. Da wir uns auf Höhen bis maximal 20 km = 65 600 ft beschränken, genügen zwei Bereiche für h:
i | Höhenschicht [m] | href [m] | αi [K/m] | Tref [K] | ρref [kg/m3] | pref [Pa] |
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0 | 0...11 000 | 0 | −0,006 5 | 288,15 | 1,225 | 101 325 |
1 | 11 000...20 000 | 11 000 | 0,0 isotherm | 216,65 | 0,364 | 22 632 |
Beachte, dass im Höhenbereich i = 1 zwischen 11 000 und 20 000 m der Temperaturgradient αi Null ist. Für diesen Bereich müssen daher die Formeln unter isotherm verwendet werden.
Vc liegt als Funktion von TAS und h vor. Wir möchten die Graphen jedoch als Funktion von CAS zeichnen. Dazu lässt man für verschiedene Höhen h einen Mach-Parameter von 0...1 laufen, rechnet ihn in TAS um und berechnet daraus für die X-Achse den CAS-Wert CAS = f( TAS, h ) und für die Y-Achse den Vc-Wert Vc = f( TAS, h ).
Für die Umrechnung des Mach-Parameters in die TAS gilt:
(10) |
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wobei' |
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Im Chart werden die in der Luftfahrt gebräuchlicheren Einheiten Fuss [ft] für Höhenangaben und Knoten [kt] für Geschwindigkeitsangaben verwendet. Daher müssen die in den Formeln verwendeten SI-Einheiten entsprechend umgerechnet werden.