Es soll für eine Rakete mit Antimaterie-Photonen-Antrieb der Treibstoffbedarf an Materie und Antimatierie für Reisen zu anderen Galaxien bis ans Ende des sichtbaren Universums in einer Entfernung von ca. 45 ·109 Lj berechnet werden. Zudem interresieren die relativistischen Werte wie maximale Geschwindigkeit, Reisezeit und Strecke aus Sicht der Astronauten und aus Sicht der Erde.
Die Rakete soll die erste Hälfte der Strecke konstant mit der Erdbeschleunigung a = 9,81 m/s2 beschleunigen, sich dann um 180° drehen und die zweite Hälfte der Reise mit derselben Beschleunigung abbremsen, sodass sie am Ziel die Geschwindigkeit 0 erreicht und der Treibstoffvorrat aufgebraucht ist.
Vorgaben:
d | Reisedistanz aus Sicht der Erde |
a | gewünschte Beschleunigung auf der ganzen Reise |
MN | Nutzlast |
Q | Treibstoffverbrauch pro Newton pro Sekunde |
Gesucht:
MR(t) | Totale Raketenmasse MN + MT |
MT(t) | Treibstoffreserve |
F(t) | Schubkraft |
V(t) | Treibstoffverbrauch pro Sekunde |
Weitere interessante Resultate:
S | Relativistische Reisedistanz für die Raumfahrer |
T | Relativistische Reisezeit für die Raumfahrer |
TE | Reisezeit gestoppt mit einer Uhr auf der Erde |
v(t) | Geschwindigkeit |
aE(t) | Von der Erde aus gemessene Beschleunigung |
ΔT(t) | Relativistische Zeitverlangsamung und Längenkontraktion |
Alle Werte der Form X(t) bedeuten, dass deren Wert zur Reisezeit t berechnet werden soll. Mit t = 0 erhält man die Werte beim Raketenstart und mit t = T die Werte am Ende der Reise. Bei t = T/2 ist der Punkt erreicht, an dem die Rakete wendet und mit der Abbremsphase beginnt. Hier hat sie die höchste Geschwindigkeit erreicht.
Da in der Astronomie der Bereich der verschiedenen Entfernungen sehr gross ist, werden verschiedene Längeneinheiten verwendet:
Entsprechend werden Reisezeiten in Sekunden, Minuten, Tagen bis Jahren auftreten.
Du kannst im Formular Einheiten und Konstanten die passenden Einheiten einstellen.
Wenn du z.B. eine Reise zum Mond berechnen willst, wähle als Längeneinheit km, und gib bei d den Wert 380 000 ein. Da eine solche Reise nur wenige Tage oder Stunden dauert, wähle als Zeiteinheit Tage oder h (für Stunden). Da in dieser Zeit keine sehr hohen Geschwindigkeiten erreicht werden, kann bei Geschwind. km/h oder m/s gewählt werden.
Für eine interplanetare Reise von 2 AE wählst du bei Längen die Einheit AE und gibst bei d 2 ein. Wenn du den entsprechenden Wert in Lichtjahren Lj oder km wissen willst, stelle einfach die entsprechende Einheit ein und der Wert bei d wird in diese Einheit umgerechnet.
In der linken Spalte des Rechenformulares siehst du Werte, die beim Antritt der Reise gelten. In der rechten Spalte kannst du bei t einen beliebigen Zeitpunkt zwischen 0 und T eingeben. Darunter werden dann die aktuellen Werte für diesen Zeitpunkt angezeigt. Für t = T kannst du die Werte am Ende der Reise ablesen. Insbesondere ist zu diesem Zeitpunkt der Schub und der Verbrauch interessant. Diese gelten dann für die reine Nutzlast (Rakete ohne Treibstoff).
Bei Reisen mit Entfernungen von mehreren Milliarden Lichtjahren zur Grenze des sichtbaren Universums muss eine enorme Menge an Materie und Antimaterie getankt werden. Die nötigen Massen entsprechen z.T. einem Mehrfachen der Erdmasse von ca. 6 ·1024 kg! Siehe auch Praktische Probleme des Antimaterie-Photonen-Antriebs.
Die verwendeten Formeln für die relativistischen Berechnungen findest du auf der Seite Raketenflug Einstein gegen Newton. Die Herleitung der relativistischen Formeln findest du auf den Seiten Relativistische Bewegungsgleichungen erklärt. Das JavaScript für die Berechnungen im obigen Formular kannst du einsehen unter AntimateriePhotonenAntrieb.js.
Bei den relativistischen Formeln kommen oft Terme der Art x + 1 vor, wobei x unter Umständen viel kleiner als 1 ist. In diesen Fällen werden viele relevate Stellen von x bei der Addition von 1 abgeschnitten. Das Resultat verliert enorm an Genauigkeit.
In solchen Fällen habe ich die relativistischen Formeln durch Taylorreihen angenähert, welche in diesen Extremsituationen Resultate in voller Genauigkeit liefern. Oft entsprechen die resultierenden Taylor-Polynone gerade den Newton-Formeln für langsame Geschwindigkeiten.
Antimaterie ist die Sammelbezeichnung für Antiteilchen und alles, was aus ihnen aufgebaut ist. Antimaterie kann die Form von Elementarteilchen wie Quarks und Elektronen oder zusammengesetzten Teilchen wie Protonen, Neutronen, Atomen und Molekülen haben. Beim Aufeinandertreffen eines Teilchen-Antiteilchen-Paares vernichten sich beide Teile gegenseitig unter Energiefreisetzung in einer Annihilations-Reaktion. [4]
Die Vernichtung (Annihilation) setzt die als Masse gespeicherte Energie frei nach der bekannten Formel E = m · c2. Bei der Elektron-Positron-Annihilation tritt diese als elektromagnetische Gammastrahlung auf, im Fall schwererer Teilchen (z.B. Proton-Antiproton) teilweise auch in Form anderer Teilchen mit hoher Bewegungsenergie. Es wird immer die gesamte Masse des Teilchen-Antiteilchen-Paares umgesetzt.
Die Annihilation eines Protons
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wobei' |
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Um eine Rakete mit einer bestimmten Beschleunigung a zu beschleunigen, muss eine Kraft F aufgewendet werden, welche proportional zur Masse MR der Rakete ist:
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wobei' |
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Diese Kraft wird bei einem konventionellen Antrieb erzeugt, indem eine bestimmte Masse Treibstoff ΔMT pro Zeit Δt mit der Geschwindigkeit v ausgestossen wird:
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wobei' |
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Um grosse Schubkräfte zu erzeugen, muss die Treibstoffmasse ΔMT mit möglichst hoher Geschwindigkeit v ausgestossen werden.
Bei einem Photonen-Antrieb ist keine Masse vorhanden, die ausgestossen wird. Die bei der Annihilation erzeugten Photonen γ sind masselos. Aber sie haben Energie und damit einen Impuls, der als Antriebskraft genutzt werden kann:
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wobei' |
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Der Faktor 2 unter dem Bruchstrich kommt daher, dass bei der Annihilation pro Proton-Antiproton-Paar zwei identische Photonen mit gegensätzlicher Richtung erzeugt werden. Die im Proton-Antiproton-Paar gespeicherte Energie wird also gleichteilig auf die Photonen verteilt, so dass jedes nur die halbe Energie der Ausgangsmasse hat.
Berechnen wir, wie viele Photonen nγ pro Sekunde ausgestossen werden müssen, um 1 N Kraft zu erzeugen:
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Aufgelöst nach der Anzahl der Photonen:
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wobei' |
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Wenn also rund 2 ·1018 Photonen pro Sekunde ausgestossen werden, erhalten wir eine Schubkraft von 1 N.
Wir können nun ausrechnen, wie viel kg Materie und Antimaterie pro Sekunde für 1 N Schubkraft verbraucht werden. Pro Photonen-Paar wird ein Proton und ein Antiproton verbraucht. Pro Newton Schub brauchen wir nach (6) nγ Photonen, also nγ / 2 Photonen-Paare, und somit je nγ / 2 Protonen und nγ / 2 Antiprotonen pro Sekunde.
Die Masse eines Protons bzw. Antiprotons ist:
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wobei' |
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Damit haben wir einen Kraft-spezifischen Treibstoffverbrauch Q pro Newton und Sekunde von:
(8) |
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wobei' |
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Der Kraft-spezifische Treibstoffverbrauch Q gibt den Verbrauch pro Newton und Sekunde an, während der normale Treibstoffverbrauch V = Q · F den Verbrauch pro Sekunde bei der aktuellen Schubkraft F angibt (siehe nächster Abschnitt).
Im Vergleich zu klassischen Raketenantrieben ist dieser Wert von Q extrem niedrig. So verbräuchte man mit einem solchen Antimaterie-Photonen-Antrieb lediglich 100 g Treibstoff pro Sekunde um ein Space Shuttle mit einem Startschub von 30,16 MN abheben zu lassen. Ein Space Shuttle verbrauchte am Start ca. 10..12 t Treibstoff pro Sekunde. Das ist mindestens 100 000 mal mehr!
Ein Antimaterie-Photonen-Antrieb wäre damit, wenn man alle Verluste vernachlässigt, mindestens 100 000 mal effizienter als ein Space Shuttle Antrieb beim Start!
In der Rakete soll für die ganze Reise die Erdbeschleunigung von a = 9,81 m/s2 herrschen. Je nach Masse der Rakete MR muss dazu eine entsprechende Schubkraft F aufgewendet werden:
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wobei' |
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Der für diesen Schub nötige Treibstoffverbrauch pro Sekunde V kann aus dem Kraft-spezifischen Treibstoffverbrauch Q wiefolgt berechnet werden:
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wobei' |
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Für die folgenden Berechnungen ist noch der Massen-spezifische Verbrauch U nützlich:
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wobei' |
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Da die Treibstoffmasse MT und damit die Gesamtmasse MR der Rakete während dem Flug ständig abnimmt, weil Treibstoff verbraucht wird, sind benötigte Schubkraft F und Treibstoffverbrauch V während der Reise nicht konstant, sondern zu Beginn der Reise am grössten, und sie nehmen bis zum Ende der Reise kontinuierlich ab. Am Ende der Reise zur Zeit T ist der Treibstoff MT(T) = 0 und die Raktete besteht nur noch aus der Nutzlast: MR(T) = MN.
Betrachten wir, wie der Treibstoffverbrauch MT(t) sich während des Fluges ändert. Er ist trotz konstanter Beschleunigung a nicht konstant. In der Berechnung des Treibstoffverbrauchs muss berücksichtigt werden, dass nicht nur die leere Rakete mit der Beschleunigung a berschleunigt werden muss, sondern der Treibstoff selbst muss ebenfalls entsprechend mitbeschleunigt werden. Für lange Reisen muss enorm viel Treibstoff mitgeschleppt und damit mitbeschleunigt werden. Die benötigte Menge steigt nicht nur linear mit der gewünschten Reisestrecke an, sondern exponentiell. Dies will ich nachfolgend berechnen:
Der Treibstoffverbrauch, also die Treibstoffabnahme pro Zeiteinheit −d MT(t) / d t, ist Proportional zur Masse der Rakete zu einem bestimmten Zeitpunkt t. Dies wird durch folgende Differentialgleichung ausgedrückt:
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wobei' |
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Durch Lösen dieser Differentialgleichung (12) kann berechnet werden, wie der Treibstoff im Verlauf der Zeit abnimmt. Damit lässt sich dann der benötigte Treibstoff zu Beginn der Reise beim Zeitpunkt t=0 berechnen.
Die Differentialgleichung hat die allgemeine Form:
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mit |
Die Lösungsmenge der DGL (13) ist:
(14) |
Wenn wir in (14) unsere Parameter wieder rückeinsetzen, erhalten wir die Lösungsmenge für unser Problem:
(15) |
Hier ist c1 eine beliebige Konstante, welche wir noch berechnen müssen. Die Rahmenbedingung ist, dass am Ende der Reise, also zum Zeitpunkt
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⇒ |
Jetzt kennen wir die Konstante c1 und können sie in (15) einsetzen:
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Oder vereinfacht (
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und |
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wobei' |
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Man sieht, dass der Benötigte Treibstoffvorrat für eine Reise der Dauer T exponentiell zunimmt. Der massenspezifische Treibstoffverbrauch U trägt wesentlich dazu bei, wie gross die nötige Treibstoffmasse sein muss. In U ist die gewünschte Beschleunigung a enthalten und wie Effektiv der Treibstoff ist (siehe (8)).
Bei der Vernichtung von schwereren Teilchen wie Protonen und Antiprotonen entsteht so viel Energie, dass daraus nicht nur Photonen resultieren, sondern auch leichtere Teilchen-Antiteilchen-Paare, bei welchen der Masseunterschied zwischen den Teilchen vor der Annihiliation und den Teilchen danach in einer hohen Bewegungsenergie letzterer resultiert. Da also nach der Reaktion weiterhin Masse in Form von ausgestossenen Teilchen übrig bleibt, kann nicht die ganze urprüngliche Masse (Energie) in einen Impuls bzw. eine Schubkraft umgesetzt werden.
Wie sieht das quantitativ aus? Rechnen wir mal ein Beispiel, bei welchem n = 0..1 Teile der Masse eines Teilchen-Antiteilchen-Paares in neue Teilchen-Antiteilchen-Paare mit hoher Geschwindigkeit umgewandelt werden und berechnen wir den Impuls, die Schubkraft und die Geschwindigkeit der Teilchen. Dann können wir vergleichen, ob ein reiner Photonenantrieb effektiver ist als einer, der neue Teilchen ausstösst.
Nach Einstein gilt folgende Energie-Impuls-Beziehung:
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wobei' |
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Die relativistische Energie Erel ist vor und nach der Annihilation dieselbe. Vor der Annihilaltion waren die Teilchen bezüglich der Rakete in Ruhe. Sie hatten also keine kinetische Energie: Ekin,1 = 0. Damit ergibt sich die Energie vor der Annihilation:
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Nach der Annihilation ist die relativistische Energie dieselbe: Erel,2 = Erel,1 (Energieerhaltung). Die Teilchen haben jedoch nur noch die Masse: m2 = n · m1, dafür aber eine hohe Kinetische Energie: 0:
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Für die Berechnung des relativistischen Impulses prel,2 und der daraus resultierenden Schubkraft FTeilchen lösen wir nach der kinetischen Energie auf:
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und schliesslich:
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Der Impuls kann daraus berechnet werden:
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wobei' |
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Und die Schubkraft ist schliesslich:
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wobei' |
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Zum Vergleich die Schubkraft, wenn die ganze Energie in Photonen umgewandelt wird:
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Man sieht, dass die Schubkraft FTeilchen um den Faktor
Zur Berechnung der Geschwindigkeit der neu erzeugten Teilchen gehe ich von der Formel für den relativistischen Impuls aus:
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wobei' |
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Die Geschwindigkeit der erzeugten Teilchen kann dann aus folgender Relation berechnet werden:
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Nach v aufgelöst erhält man nach etwas rechnen:
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wobei' |
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Alle Rechnungen auf dieser Seite gehen davon aus, dass alle Prozesse ohne Verlust ablaufen. Dies ist in der Praxis nie der Fall. Es können nicht alle Photonen oder Teilchen exakt entgegen der Flugrichtung ausgestossen werden. Photonen, welche durch Spiegel zur Ausstossdüse umgelenkt werden, heizen den Spiegel auf und verlieren dadurch Energie. Teilchen-Antiteilchen müssen über Energiefelder in die gewünschte Richtung umgelenkt werden. Diese Energiefelder verbrauchen auch Energie.
Das grösste Problem ist jedoch die Tatsache, dass zuerst Antimaterie in riesigem Umfang hergestellt werden muss. Die dazu nötige Energie ist mindestens E = m · c2. Es müsste also in der Praxis mehr Energie in die Erzeugung von Antimaterie investiert werden, als bei der Annihilation wieder erzeugt wird!
Antimaterie kann nicht einfach in Behältern gespeichert werden, da sie nicht mit Materie in Berührung kommen darf. Man müsste sie in starken Eindämmungsfeldern speichern, welche ihrerseits viel Energie verbrauchen.
Auch wenn ein Antimaterie-Photonen-Antrieb ein verlockend effizienter Antrieb zu sein scheint, ist eine grosse Reise damit noch lange nicht praktikabel. Die benötigte Masse an Materie und Antimaterie um Raumschiffe einige Milliarden Lichtjahre weit zu beschleunigen, entspricht der Masse von ganzen Planeten! Es sei denn, man kann unterwegs immer wieder auftanken und muss damit nicht die ganze Masse von Anfang bis Ender der Reise mitschleppen. Aber dazu müsste man immer wieder anhalten, was die Reisezeiten in die Jahrtausende bis Jahrmillionen verlängert...
wie ändert sich das, wenn man statt Protonen + Antiprotonen (haben die auch einen speziellen Namen?) Elektronen + Positronen oder magnetische (Nord+Süd)Monopole nimmt?
"Es können nicht alle Photonen oder Teilchen exakt entgegen der Flugrichtung ausgestossen werden". - wäre das mit einem Gammalaser möglich?