In einer gigantischen, einen Planeten ringförmig umspannenden Raumstation kann Schwerkraft herrschen. Wenn die Raumstation nicht rotiert spürt man die verminderte Schwerkraft des Planeten. Wenn die Ringstation sich schnell um den Planeten dreht, spürt man eine Fliehkraft. Irgendwo dazwischen ist man Schwerelos.
Zuerst zeige ich die Resultate der nachfolgenden Berechnungen in einer Tabelle. Ich habe Berechnungen für drei Ringstationen mit verschiedenen Radien gemacht. Für jede Station wurden folgende Fälle berechnet:
Hinweis: Erdschwere kann nur erreicht werden, indem die Station so schnell rotiert, dass die Zentrifugalbeschleunigung die restliche Gravitationsbeschleunigung aufhebt und zusätzlich 1 g Beschleunigung aufbaut. Diese Beschleunigung wirkt nach aussen, also von der Erde weg und hat daher ein negatives Vorzeichen.
Radius [km] | ω [s−1] | T [s] [h:mm:ss] | v [m/s] [km/h] | a [m/s2] [% g] |
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6 671 (300 km Höhe) | 0 | ∞ | 0 | 8,957 91,3 |
1,158 7 ·10−3 | 5 422,6 1:30:22,6 | 7 729,7 27 826,9 | 0,000 0,0 | |
3,677 1 ·10−3 | 3 746,5 1:02:26,5 | 11 187,7 40 275,7 | −9,806 −100,0 | |
12 000 | 0 | ∞ | 0,0 | 2,768 28,2 |
0,480 3 ·10−3 | 13 082,5 3:38:02,5 | 5 763,3 20 747,9 | 0,000 0,0 | |
1,023 6 ·10−3 | 6 138,1 1:42:18,1 | 12 283,6 44 221,0 | −9,806 −100,0 | |
42 164 (geostationärer Orbit) | 0 | ∞ | 0,0 | 0,224 2,3 |
72,921 2 ·10−6 | 86 164,1 23:56:04,1 | 3 074,6 11 068,6 | 0,000 0,0 | |
0,487 7 ·10−3 | 12 882,3 3:34:42,3 | 20 564,8 74 033,2 | −9,806 −100,0 |
Aber jetzt die Formeln und Berechnungen:
In der Ringstation wirken zwei entgegengesetzte Beschleunigungen:
(1) | ||||||||||
wobei' |
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Beide Beschleunigungen sind abhängig vom Radius r der Ringstation. Je grösser der Radius, desto schwächer wird die Gravitationsbeschleunigung. Die Zentrifugalbeschleunigung hingegen nimmt mit dem Radius zu, denn je weiter draussen die Station ist, umso schneller bewegt sie sich bei gleicher Winkelgeschwindigkeit auf ihrem Orbit. Wenn die beiden Beschleunigungen ag(r) und az(r) gerade gleich gross sind, heben sie sich auf und die Insassen werden schwerelos.
Die Gesamtbeschleunigung a kann nach folgender Formel berechnet werden (Herleitung siehe Künstliche Schwerkraft in Fantasie-Raumstationen):
(2) |
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wobei' |
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In der Ringstation herrscht genau dann Schwerelosigkeit, wenn die Gravitasionsbeschleunigung ag gleich gross wie die Zentrifugalbeschleunigung az ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Ring mit der gleichen Geschwindigkeit rotiert, wie eine Raumstation auf der entsprechenden Höhe auf einem Kreisorbit fliegen würde. Rotiert die Ringstation langsamer, so herrscht eine kleine Schwerkraft in Richtung Planet, rotiert die Ringstation schneller, überwiegt die Zentrifugalkraft gegen aussen.
Wie schnell muss also die Ringstation drehen, damit dort Schwerelosigkeit herrscht?
Die Rotationsgeschwindigkeit wird üblicherweise als Winkelgeschwindigkeit ω angegeben. Die Winkelgeschwindigkeit für Schwerelosigkeit ω0 erhalten wir, indem wir in Formel (2) die Beschleunigung a = 0 setzen und nach ω0 auflösen:
(3) |
(4) |
(5) |
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wobei' |
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Die Winkelgeschwindigkeit ω ist für uns kein Mass unter dem wir uns etwas vorstellen können. Wir können die Winkelgeschwindigkeit aber in zwei andere Masse umrechnen, unter denen wir uns mehr vorstellen können.
Das eine Mass ist die Dauer einer Umdrehung T der Ringstation:
(6) |
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wobei' |
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Das andere Mass ist die Tangentialgeschwindigkeit v, also die Geschwindigkeit, mit der sich die Konsturktion der Station an einem in Ruhe befindlichen Beobachter vorbeibewegt:
(7) |
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wobei' |
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Ich möchte für drei Ringstationen mit verschiedenen Radien r die Werte ω, T und v berechnen, wobei in den Ringstationen Schwerelosigkeit herrschen soll.
Ich verwende folgende Konstanten für alle Beispiele:
RE | = 6,371 ·106 m | Mittlerer Radius der Erde [1] |
ME | = 5,9722 ·1024 kg | Masse der Erde [2] |
G | = 6,674 ·10−11 m3/kg/s2 | Gravitationskonstante |
TE | = 86 164,1 s | Umdrehungsdauer der Erde (in Sternzeit) |
Mit Formel (5) erhalten wir für die Winkelgeschwindigkeit:
(8) |
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wobei' |
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Umgerechnet in die Dauer einer Umdrehung T0 nach Formel (6):
(9) |
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wobei' |
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Und die Tangetialgeschwindigkeit v0 ist nach Formel (7):
(10) |
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wobei' |
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Eine Raumstation, in der Schwerelosigkeit herrscht und die 300 km über der Erde fliegt, umkreist die Erde also in 1,5 h und hat eine Geschwindikeit von 27 826,9 km/h.
Mit Formel (5) erhalten wir für die Winkelgeschwindigkeit:
(11) |
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wobei' |
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Umgerechnet in die Dauer einer Umdrehung T0 nach Formel (6):
(12) |
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wobei' |
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Und die Tangetialgeschwindigkeit v0 ist nach Formel (7):
(13) |
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wobei' |
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Den Radius r0 für den geostationären Orbit einer Raumstation habe ich unter Höhe des geostationären Orbits (Künstliche Schwerkraft in Fantasie-Raumstationen) berechnet. Mit Formel (5) erhalten wir für die Winkelgeschwindigkeit:
(14) |
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wobei' |
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Umgerechnet in die Dauer einer Umdrehung T0 nach Formel (6):
(15) |
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wobei' |
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Das ist die Umdrehungsdauer der Erde in Sternzeit!
Die Tangetialgeschwindigkeit v0 ist nach Formel (7):
(16) |
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wobei' |
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Ich will nun berechnen, wie stark die Schwerkraft der Erde in den 3 Ringstationen noch spürbar ist, wenn die Ringstation nicht rotiert. Ich kann dazu Formel (2) verwenden und ω = 0 einsetzen:
(17) |
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wobei' |
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Nach Formel (17) erhalten wir:
(18) |
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wobei' |
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In 300 km Höhe wirkt noch 91,3 % der Erdbeschleunigung auf der Erdoberfläche!
Nach Formel (17) erhalten wir:
(19) |
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wobei' |
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Im Abstand von 12 000 km vom Erdmittelpunkt wirkt noch 28,2 % der Erdbeschleunigung auf der Erdoberfläche!
Nach Formel (17) erhalten wir:
(20) |
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wobei' |
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Im geosrationären Orbit mit r = 42 163,6 km vom Erdmittelpunkt entfernt wirkt noch 2,3 % der Erdbeschleunigung auf der Erdoberfläche!
Wenn eine Ringstation schnell genug rotiert, wird nicht nur die restliche Erdbeschleunigung durch die Zentrifugalbeschleunigung kompensiert, sondern die Zentrifugalbeschleunigung kann so gross werden, dass Stationsbewohner wieder Erdschwere fühlen, bloss in Richtung von der Erde weg.
Wie schnell eine solche Ringstation dazu rotieren müsste, kann über die Formel (2) berechnet werden. Dazu setzen wir für a = −g ein und lösen nach ω auf:
(21) |
(22) |
(23) |
(24) |
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wobei' |
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Für die Rotationsdauer Tg können wir Formel (6) und für die Tangentialgeschwindigkeit vg Formel (7) verwenden.
Ich möchte für die drei Ringstationen mit verschiedenen Radien r die Werte ωg, Tg und vg berechnen. In den Ringstationen soll Erdschwere herrschen (a = −g).
Nach Formel (24) erhalten wir für die Winkelgeschwindigkeit:
(25) |
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wobei' |
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Umgerechnet in die Dauer einer Umdrehung Tg nach Formel (6):
(26) |
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wobei' |
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Und die Tangetialgeschwindigkeit vg ist nach Formel (7):
(27) |
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wobei' |
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Nach Formel (24) erhalten wir für die Winkelgeschwindigkeit:
(28) |
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wobei' |
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Umgerechnet in die Dauer einer Umdrehung Tg nach Formel (6):
(29) |
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wobei' |
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Und die Tangetialgeschwindigkeit vg ist nach Formel (7):
(30) |
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wobei' |
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Nach Formel (24) erhalten wir für die Winkelgeschwindigkeit:
(31) |
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wobei' |
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Umgerechnet in die Dauer einer Umdrehung Tg nach Formel (6):
(32) |
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wobei' |
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Und die Tangetialgeschwindigkeit vg ist nach Formel (7):
(33) |
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wobei' |
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