Im Gegensatz zu Triebwerk-Simulationsprogrammen, welche alle internen Parameter berechnen, brauche ich nur ein vereinfachtes Modell, welches mir den Zusammenhang zwischen N1, Geschwindigkeit des Flugzeugs und resultierendem Schub liefert und das Ganze nur für Standardatmosphäre auf Meereshöhe. Interne Parameter werden nicht simuliert sondern durch vereinfachte Formeln approximiert, soweit die Parameter für die Berechnung des Schubes benötigt werden.
Die totale Schubkraft F (Netto Schubkraft) eines Triebwerks ist abhängig von internen Faktoren wie der Verteilung des Luftmassenflusses
Die Schubkraft Fi ist das Produkt von Luftmassenstrom
(1) | Fi=˙mi⋅vi |
Durch den inneren Aufbau eines Triebwerks ergibt sich daraus die folgende allgemeine Formel für den Schub eines Turbofan-Triebwerks [1]:
(2) | F=[F1(v0)]+[F2(v0)] |
F=[˙m1⋅(v1−v0)+(˙mB−˙mZ)⋅v1+A1⋅(p1−p0)]+[˙m2⋅(v2−v0)] |
Für ein vereinfachtes Modell können folgende Annahmen und Vereinfachungen getroffen werden:
Damit vereinfacht sich die Schub-Formel (2) zu:
(3) |
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wobei' |
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Das Manteltriebwerk hat keinen eigenen Antrieb, sondern wird vom Kerntriebwerk mit angetrieben. Das Manteltriebwerk funktioniert daher wie ein Propeller.
Wenn man sich die Schubberechnung eines Propellers ansieht, fällt auf, dass in diesen Formeln der Unterschied des Staudrucks vorkommt. Allerdings erkennt man nach einigem Unformen der Formel, dass dieser Staudruck-Unterschied bereits in Massenfluss
Hier die Formeln für die Schubberechnung eines Propellerantriebes mit Hilfe der Formeln für ideale Gase [2]:
(4) | F2=A⋅(pt2−pt0)=A⋅[(p0+12⋅ρ⋅v22)−(p0+12⋅ρ⋅v02)]= | ||||||||||||||||||||||||
(5) |
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wobei' |
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Aus der Formel für den Schub (3) wissen wir, dass der Schub vom Massenfluss und der Geschwindigkeitsänderung der Luft abhängig ist:
(6) | F2=˙m2⋅(v2−v0) |
Der Massenfluss durch das Manteltriebwerk ist konstant:
(7) | ˙m2=ρ⋅A⋅vfan | ||||||||||||
wobei' |
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Setzen wir dies in (6) ein und setzen dies gleich (5):
(8) | F2=ρ⋅A⋅vfan⋅(v2−v0)=ρ⋅A⋅12⋅(v22−v02) |
Durch ρ und A dividieren und nach vfan auflösen ergibt:
(9) | vfan=v22−v022⋅(v2−v0)=(v2+v0)⋅(v2−v0)2⋅(v2−v0)= | |
(10) |
|
Die Geschwindigkeit der Luft beim Fan ist also der Mittelwert der Geschwindigkeiten vor und nach dem Triebwerk!
Damit können wir die Propeller-Formel (5) in die Schubformel (6) umformen:
(11) | F2=ρ⋅A⋅12⋅(v22−v02) |
Das blaue Binom erweitern:
(12) | F2=ρ⋅A⋅12⋅(v2+v0)⋅(v2−v0) |
Der farbige Term ist gerade die Geschwindigkeit vfan:
(13) | F2=ρ⋅A⋅vfan⋅(v2−v0) |
Der blaue Term ist der Massefluss
(14) | F2=˙m2⋅(v2−v0)↔F2=ρ⋅A⋅12⋅(v22−v02) |
Wir sehen, dass die in der Propeller-Formel vorkommenden Staudrücke in obiger Formel enthalten sind.
Die Druckunterschiede, die für das Kerntriebwerk berücksichtigt werden müssen, sind eine Folge des Verbrennungsprozesses und der Form des Triebwerks. Da im Fan-Teil des Triebwerks keine Verbrennung stattfindet und dieser Teil des Triebwerks praktisch offen ist, gibt es keine zusätzlich zu berücksichtigenden Drücke, welche nicht bereits in obiger Formel enthalten sind.
Die Düse eines (Kern-)Triebwerks wird übrigens so gestaltet, dass der Luftdruck am Austritt dem Umgebungsdruck entspricht. Dadurch wird die höchste Geschwindigkeit der Luft beim Austritt erreicht. Daher kann der Druck-Term in der Schubformel für das Kerntriebwerk vernachlässigt werden.
Die obige Formel (14) gilt nur angenähert für Standardatmosphäre und Geschwindigkeiten unter Mach 0,3. Die Massenflüsse und Strömungsgeschwindigkeiten durch das Triebwerk hängen von auch äusseren Einflüssen wie Geschwindigkeit des Flugzeugs, Luftdichte und Temperatur ab. Luftdichte und Temperatur hängen von Wetterbedingung und Flughöhe ab. Fliegt das Flugzeug schnell genug (mehr als Mach 0,3), so macht sich die Kompressibilität der Luft bemerkbar, indem die Luftdichte und Temperatur erhöht werden, je schneller das Flugzeug fliegt.
Die Einflüsse wirken wiefolgt:
Je höher das Flugzeug fliegt, umso niedriger werden Luftdichte und Temperatur, bis zu einer Höhe von 11 km. Zwischen 11 km und 20 km Höhe bleibt die Temperatur konstant, wogegen die Luftdichte weiter abnimmt. Für Berechnungen von Druck, Luftdichte und Temperatur in bestimmten Höhen siehe Schichtenmodell (Barometrische Höhenformel).
Der Brutto-Schub des Triebwerks nimmt proportional mit der Luftdichte ab. Niedrigere Temperturen erhöhen die Leistung leicht. Der Brutto-Schub nimmt unter diesen Einflüssen insgesamt mit der Flughöhe erheblich ab (ca. 55% Schub bei 11 km Höhe).
Wenn ein Flugzeug schnell fliegt, staut sich die Luftmasse vor dem Flugzeug. Man spricht vom Staudruck (dynamic pressure). Dieser erhöht die lokale Luftdichte und Temperatur vor dem Flugzeug umso mehr, je näher sich die Fluggeschwindigkeit der Schallgeschwindigkeit nähert. Diese Erhöhung der Luftdichte aufgrund des Staudrucks erhöht die Leistung der Gasturbine. Bei einem reinen Turbojet Triebwerk (Triebwerk ohne Bypass, also ohne Fan) wird die Leistung soweit gesteigert, dass der Verlust aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenz von Flugzeug und Abgasstrahl (Formel (14)) kompensiert wird. Bei einem Turbojet Triebwerk wird daher gesagt, der Schub hänge praktisch nicht von der Fluggeschwindigkeit ab.
Bei einem Turbofan-Triebwerk mit seinem grossen Bypass-Verhältnis trägt die Gasturbine, also das Kerntriebwerk, nur einen Bruchteil zum Schub bei. Nur das Kerntriebwerkt erhöht seine Leistung aufgrund des Staudrucks erheblich. Der Fan steigert seine Leistung mit der Geschwindigkeit nur in dem Verhältnis, wie es der Zunahme der Luftdichte aufgrund der Geschwindigkeit (Zunahme des Staudrucks) entspricht. Daher nimmt der kombinierte Netto-Schub von Kerntiebwerk und Fan im Vergleich zu einem reinen Turbojet Triebwerk mit der Geschwindigkeit trotzdem ab, wenn auch nicht so stark wie ohne Berücksichtigung des Staudrucks. Je grösser das Bypass Verhältnis, umso grösser die Abnahme. Die Abnahme des Nettoschubs liegt bei einem Turbofan-Triebwerk irgendwo zwischen dem mit der Formel (14) berechneten Wert und dem entsprechenden Standschub, siehe Bild. [4]
Da ich in dieser Arbeit nur ein Triebwerks-Modell für Geschwindigkeiten unter 200 kt benötige, kann ich obige Einflüsse vernachlässigen.
Wenn Gegenschub gegeben wird (Reverse Thrust), wird der Fan-Massenstrom
Der Massenstrom
Der vom Fan-Massenstrom erzeugte Schubanteil F2 wirkt nur teilweise nach vorne als Gegenschub. Der als Gegenschub anrechenbare Anteil F2,x beträgt:
(15) | F2,x=F2⋅cosθ | |||||||||
wobei' |
|
Da cos(θ) = 0,5 ist, wirkt nur die halbe vom Fan erzeugte Schubkraft als Gegenschub. Der vom Kerntriebwerk erzeugte Schub F1 wirkt weiterhin nach hinten und schwächt dadurch den Gegenschub. Tatsächlich resultiert nur dann ein bremsender Netto-Schub, wenn F2,x grösser als F1 ist.
Die Formel für den Gegenschub lautet:
(16) |
| |||||||||||||||||||||||||||
wobei' |
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Als Modell-Beispiel verwende ich die Daten des CFM56-5A3 Turbofan-Triebwerkes, welches zum Beispiel bei einem Airbus A320 zum Einsatz kommt. Das CFM56-5A3 ist ein zweiachsiges Turbofan-Triebwerk mit nicht gemischtem Fluss (unmixed flow turbofan).
Fmax | Thrust | 26 500 lbs | 117,9 kN |
Max Climb Thrust | 5260 lbs | 23,4 kN | |
Max Cruise Thrust | 5000 lbs | 22,25 kN | |
Mass flow | 876 lbs/s | 397,3 kg/s | |
μ | Bypass ratio | 6 | |
Fan Diameter | 68,3 in | 1,67 m |
Obige Angaben beziehen sich auf den maximalen Startschub unter Standardatmosphäre (Temperatur = 15 °C, Luftdruck = 1013,25 hPa) und Stillstand des Flugzeugs (v0 = 0).
Mass flow ist definiert als:
Bypass ratio ist definiert als:
Die Bypass ratio ist keine Konstante sondern verändert sich in Abhängigkeit der verschiedenen Betriebsparameter.
Für die Schubberechnung benötige ich die einzelnen Massenflüsse
Aus dem Datenblatt eines Triebwerkes kann ich den maximalen Schub Fmax, den maximalen totalen Massenfluss
Mit diesen Daten alleine kann kein Triebwerks-Modell berechnet werden. Weitere Informationen über Turbofan-Triebwerke müssen gefunden werden.
Ich benötige noch folgende Zusammenhänge:
Obige Zusammenhänge fasse ich zusammen in einem Modell des Triebwerks und spiele in einer Simulation damit:
Um abschätzen zu können, welchen Einfluss der Gegenschub auf den Bremsweg hat, müssen zwei Fälle unterschieden werden:
Beim Bremsen mit dem AutoBrake-System wird vom System so gebremst, dass eine konstante Verzögerung resultiert, egal ob die Reverser aktiviert sind oder nicht. Nur wenn die Gegenschubkräfte grösser sind, als es die eingestellte Verzögerung erfordert, wird der Bremsweg durch die Reverser kürzer als ohne. Sind die Gegenschubkräfte kleiner als es die eingestellte Verzögerung verlangt, so ist der Bremsweg mit und ohne Gegenschub genau gleich lang. Allerdings müssen die Räder um genau den Anteil weniger Bremsen, den der Gegenschub aufbringt. Mit Gegenschub werden also die Bremsen geschont. Bei nasser oder vereister Piste können die Bremsen meist die geforderte Bremskraft nicht voll erbringen. In diesem Fall würde der Bremsweg ohne Gegenschub auch mit AutoBrake länger!
Bei manueller Bremsung oder gar Vollbremsung trägt der Gegenschub zusätzlich zur Bremskraft bei. In diesem Fall wird der Bremsweg mit Reverser immer kürzer als ohne! Bei gutem Pistenzustand tragen die Reverser nur einen Bruchteil zur Bremskraft bei. Bei nasser oder vereister Piste kann der Anteil der Reverser jedoch erheblich sein!
Die maximal mögliche Bremskraft der Räder hängt vom Haftreibungskoeffizienten und der Auflagekraft der Räder auf den Boden ab. Der Haftreibungskoeffizient ist vom Zustand der Piste und den Rädern abhängig. Generell ist der Einfluss der Reverser umso grösser, je kleiner der Haftreibungskoeffizient ist.
Berechnung des Haftreibungskoeffizienten
Die folgenden Tabellen geben einen Anhaltspunkt, wie sich die Landedistanz mit Gegenschub im Vergleich zu ohne Gegenschub reduziert, abhängig vom Pistenzustand [6].
A330 | |
---|---|
Dry | 2 % |
Wet | 5 % |
1/4" water | 8 % |
1/2" water | 7 % |
1/4" slush | 8 % |
1/2" slush | 7 % |
compacted snow | 7 % |
ice | 19 % |
A340 | |
---|---|
Dry | 3 % |
Wet | 8 % |
1/4" water | 13 % |
1/2" water | 11 % |
1/4" slush | 13 % |
1/2" slush | 11 % |
compacted snow | 10 % |
ice | 27 % |